– Afrika

Soziale und ökologische Ungerechtigkeit: die verflochtene Krise

„Systemische Ungleichheit und Umweltzerstörung bedingen einander“: Pater Rampe Hlobo SJ, neuer Direktor des Jesuit Justice and Ecology Network Africa (JENA), beschreibt das Dilemma ineinandergreifender Probleme: „Wir können die Erde nicht heilen, ohne ihre Menschen zu stärken.“

Pater Rampe Hlobo SJ wurde kürzlich zum neuen Direktor des Jesuit Justice and Ecology Network Africa (JENA) ernannt. Das Netzwerk fördert Initiativen für soziale Gerechtig­keit und stärkt das ökologische Bewusstsein auf dem afrikanischen Kontinent.

Afrikanische Länder gehören zu den am stärksten von den Folgen des Klima­wandels betroffenen Regionen – von Ernährungsunsicherheit bis hin zu Wasserknappheit –, angetrieben durch systemische Ungleichheit und Umweltzerstörung. Diese Herausforderungen stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern verstärken sich gegenseitig und treffen die verletzlichsten Bevölkerungsgruppen besonders hart.

Mit dem Antritt seiner neuen, wichtigen Rolle beantwortet Pater Rampe einige Fragen zu den Herausforderungen und Hoffnungen des afrikanischen Kontinents und zur Rolle von JENA.

Gesunde Umwelt – soziale Gerechtig­keit – menschliche Würde

Im Gepräch mit P. Rampe Hlobo SJ (JENA)

Welche dringlichsten Fragen sozialer Gerechtig­keit betreffen derzeit afrikanische Gemeinschaften – und wie hängen sie mit Umweltfragen zusammen?

Die Verbindung zwischen sozialer Gerechtig­keit und Umweltzerstörung ist in Afrika besonders deutlich sichtbar. Systemische Ungleichheit und ökologische Zerstörung treten hier nicht getrennt voneinander auf – sie bedingen einander. Nirgendwo zeigt sich das so drastisch wie in der Klimakrise.

Afrika trägt am wenigsten zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, leidet aber unter den gravierendsten Folgen des Klima­wandels: langanhaltende Dürren, verheerende Überschwemmungen, Wüstenbildung und Zyklone. Diese extremen Wetterereignisse sind keine abstrakten Phänomene – sie vernichten Ernten und Vieh, verstärken Hunger und führen zu Konflikten um schwindende Ressourcen. Die ärmsten und verletzlichsten Menschen tragen die schwerste Last einer Krise, die sie nicht verursacht haben. Nicht-nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken verschärfen die Zerstörung fragiler Ökosysteme, während die Ernährungsunsicherheit für Millionen zur Realität wird. Wenn Dürren oder Überschwemmungen Ernteerträge vernichten, trifft das zuerst und am härtesten die Landbevölkerung – besonders Frauen und Kinder.

Ein weiteres zentrales Thema der Ungerechtigkeit ist der Zugang zu sauberem und sicherem Wasser. In der Subsahara-Region fehlt Millionen von Menschen der grundlegende Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen. Abholzung, Verschmutzung und schlechte Abfallentsorgung verunreinigen Wasserquellen, während der Klima­wandel den Regen verändert und Flüsse sowie Grundwasser austrocknet. Wasser, ein grundlegendes Menschen­recht, wird zunehmend knapp – und diese Knappheit vertieft bestehende Geschlechter- und Klassenschranken.

Afrika ist ein junger Kontinent: Über 60 % der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt bei nur 19,3 Jahren. Doch eine der alarmierendsten Herausforderungen ist die Jugendarbeitslosigkeit. Zu viele junge Menschen werden von einer sinnvollen wirtschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen und sehen sich erschreckend hohen Arbeitslosenzahlen gegenüber.

Wirtschaftliche Ausgrenzung ist eine Krise. Wenn Jugendlichen der Zugang zu würdevoller, nachhaltiger Arbeit verwehrt bleibt, vertiefen sich Armut und Ungleichheit. Steigende Temperaturen und gestörte Ökosysteme verschärfen dies zusätzlich, indem sie die landwirtschaftliche Produktivität verringern und Hirten- sowie Bauernfamilien in Migration oder Ressourcenkonflikte zwingen – was Arbeitslosigkeit und Instabilität weiter verstärkt.

Auch extraktive Industrien stellen eine weitere Ebene der Ungerechtigkeit dar. Obwohl Afrika reich an natürlichen Ressourcen ist – Gold, Öl, Kobalt, Lithium – kommen die Erträge selten den lokalen Gemeinschaften zugute. Stattdessen erleben diese Bevölkerungen Umweltverschmutzung, Ausbeutung, Vertreibung und Gewalt. Giftige Abfälle und Luftverschmutzung zerstören Ökosysteme und treiben den Verlust der Artenvielfalt voran – ohne Rücksicht auf die langfristige Gesundheit von Mensch und Umwelt.

Diese ineinandergreifenden Probleme erfordern eine integrierte Antwort – eine, die die tiefen Verbindungen zwischen gesunder Umwelt, sozialer Gerechtig­keit und menschlicher Würde anerkennt. Wie die Katholische Soziallehre und Laudato si’ lehren, ist die Sorge um die Schöpfung untrennbar mit der Sorge um die Armen verbunden. Wir können die Erde nicht heilen, ohne ihre Menschen – besonders die jungen, marginalisierten und stimmlosen – zu stärken. Jetzt ist die Zeit, mit Mut, Mitgefühl und Vision zu handeln – für eine gerechte, nachhaltige Zukunft, die auf Solidarität beruht.

Wie können junge Menschen, besonders in Afrika, befähigt werden, die Führung im Kampf für Klima- und soziale Gerechtig­keit zu übernehmen?

Mit der jüngsten Bevölkerung der Welt steht Afrika an einem entscheidenden Wendepunkt. Die Jugend des Kontinents ist nicht nur die Führung von morgen, sondern bereits heute Motor des Wandels – mitten in einem komplexen Geflecht aus Klima- und sozialer Gerechtig­keit. Um eine nachhaltige und gerechte Zukunft zu sichern, müssen wir jungen Menschen die Macht zur Veränderung in die Hände legen.

Die ugandische Klimaaktivistin Vanessa Nakate bringt es auf den Punkt: „Wir sind nicht zu jung, um zu führen. Wir sind nur zu mutig, um zu warten.“

Afrikas Jugend wartet nicht auf Erlaubnis – sie führt bereits: durch Klimaproteste, innovative Start-ups, das Wiederherstellen empfindlicher Ökosysteme und den Mut, Ungerechtigkeit offen anzusprechen. Ermächtigung beginnt mit Bildung. Junge Menschen brauchen Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung, in der Klimakompetenz und soziales Bewusstsein zentrale Bestandteile sind – keine Nebensache. Bildungssysteme müssen sich weiterentwickeln, um kritisches Denken, ökologisches Verantwortungsbewusstsein und gesellschaftliches Engagement zu fördern. Wissen muss sich in Chancen übersetzen – durch Ausbildung und sinnvolle Arbeit in nachhaltigen Sektoren, die eine grüne Wirtschaft fördern.

Doch Bildung allein reicht nicht. Wir müssen auch für politische Rahmenbedingungen eintreten, die die Dringlichkeit der Klimakrise und das Recht junger Menschen auf Mitgestaltung anerkennen. Von Klimagesetzen bis hin zu Jugendvertretung in politischen Gremien – das Recht muss befähigen, nicht ausschließen. Dies ist nicht nur ein Aufruf zum Handeln – es ist ein Aufruf zur Anerkennung. Afrikas Jugend führt bereits. Es ist Zeit, dass die Welt ihnen folgt.

Was ist Ihre Vision für das Netzwerk unter Ihrer Leitung? Wie planen Sie, sowohl Basisgemeinschaften als auch politische Entscheidungsträger einzubeziehen?

Meine Hoffnung ist, dass wir – verwurzelt in der ignatianischen Identität und inspiriert von den Prinzipien der Katholischen Soziallehre – soziale und ökologische Gerechtig­keit in unserer Konferenz von Afrika und Madagaskar voranbringen können. Diese Vision soll verwirklicht werden, indem wir die Stimmen der Marginalisierten und Armen stärken und hörbar machen – durch koordinierte Aktionen, Zusammenarbeit und Kapazitätsaufbau in unseren Jesuitischen Sozialzentren und Diensten.

Mit dem reichen Fundus an jesuitischen und ignatianischen Ressourcen sowie der tief verwurzelten Tradition der Katholischen Soziallehre fangen wir nicht bei null an – das Fundament ist gelegt. Diese Ressourcen bieten nicht nur Weisheit, sondern auch einen moralischen Kompass, der uns in unserer prophetischen Aufgabe leitet, die Stimmen der Menschen an den existenziellen Rändern unserer Gesellschaften zu verstärken.

Ich bin überzeugt, dass wir durch dieses Engagement beginnen können, ethische Umwelt- und Wirtschaftspolitiken mitzugestalten – Politiken, die integrale Ökologie verkörpern: die menschliche Würde achten, Gerechtig­keit fördern und Nachhaltigkeit für kommende Generationen sichern.

KATC: Sambias Hoffnung ist grün

Das Kasisi Agricultural Training Centre (KATC) in der Nähe von Lusaka ist ein Zentrum der Jesuiten in Sambia zur Förderung der ökologisch-nachhaltigen Landwirtschaft durch Modellprojekte und entsprechendes Training von Bauern. Eine Recycling-Initiative verringert Müll und schafft neue Einkommensquelle

Spenden & helfen

Ihre Spende hilft

Jetzt online spenden

MENSCHEN FÜR ANDERE

Erste Bank
IBAN:AT94 2011 1822 5344 0000
BIC:GIBAATWWXXX

Ihre Spende ist gemäß § 4a Abs 2 Z3
lit a bis c EStG steuerlich absetzbar.
ZVR Zahl 530615772 / SO 1345