– JRS Ukraine

Zuhause ist, wo Hoffnung wohnt

In einem Haus des Jesuiten-Flücht­lings­dienstes (JRS) in Lwiw, im Westen der Ukraine, finden vom Krieg vertriebene Fami­lien Schutz, Gemeinschaft und die Kraft durchzuhalten. Hier trotzen Frauen wie Liuda allen Schicksalsschägen im tiefen Glauben daran, dass das Leben weitergeht, dass Hoffnung möglich ist. Der JRS begleitet sie auf diesem Weg.

„Wir haben hier alles – außer unser Zuhause.“ Liuda steht in einem kleinen Raum in Lwiw, den sie seit zwei Jahren mit ihren beiden Söhnen (11 und 8 Jahre alt) und ihrer Mutter bewohnt.

Die Familie stammt aus Pokrowsk im Osten der Ukraine – dort, wo der Krieg besonders heftig tobt. „Ich bin keine Schnecke“, sagt sie mit einem schwachen Lächeln. „Ich konnte mein Zuhause nicht mitnehmen. Aber ich habe das Wertvollste mitgenommen – meine Kinder.“

Raum zum Atmen, Zeit zum Ankommen

Das Schutzhaus des Jesuiten-Flücht­lings­dienstes (JRS) in Lwiw ist für Liuda und viele andere mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Es ist ein Ort der Begleitung, des Vertrauens, der Solidarität. Hier leben derzeit 25 Menschen – vorwiegend Frauen mit Kindern, die ihre Männer verloren haben, an der Front kämpfen oder aus dem Land geflohen sind.

„Wir wollen einen Raum schaffen, in dem Frauen erst einmal durchatmen können“, sagt Inga Dul, die JRS-Landesdirektorin in der Ukraine. „Erst dann können sie ihr Leben neu aufbauen.“

Neben der Unterkunft bietet das Haus psychologische Betreuung, Rechtsberatung, Ukrainischunterricht, Kinderbetreuung, Kunsttherapie und vieles mehr. Bunte Bilder an den Wänden erzählen von Geschichten, die neu geschrieben werden – mit Farbe, Hoffnung und Mut.

Zwischen Trauma und Tapferkeit

Liuda floh im Mai 2022 – nicht nur wegen des Krieges, sondern auch, weil ihr jüngerer Sohn in Lwiw medizinisch versorgt werden musste. Er leidet an einer schweren Erkrankung und hat bereits vier Operationen hinter sich. Zwei weitere stehen noch bevor.

Vor dem Krieg traf Liuda bereits ein anderer Schicksalsschlag: Ihr Mann starb an Krebs – mit nur 33 Jahren. „Das ging so schnell. In drei Monaten war er weg. Da merkt man: Auf dem Friedhof kannst du nichts mehr tun. Aber solange du lebst, ist noch nicht alles verloren.“

Diese Haltung prägt ihre Stärke – und ihren Alltag. Sie arbeitet heute als Buchhalterin im Homeoffice, damit sie für ihre Kinder da sein kann. Die Jungen gehen zur Schule, sie leben sich langsam ein. Doch eines fehlt schmerzlich: ein Ort, den sie wieder „Zuhause“ nennen kann.

Zeit, den Koffer auszupacken

„Meine größte Hoffnung? Endlich den Koffer auspacken. Wir leben seit zwei Jahren aus demselben Koffer – ohne Plan, ohne Perspektive. Ich wünsche mir ein Zuhause. Nicht morgen – jetzt. Aber ich weiß nicht, wie.“

Eine Rückkehr in ihre Heimatstadt schließt Liuda aus – zu gefährlich, zu nah an der Front. Und staatliche Hilfe gibt es nur mit Nachweisen, dass das alte Haus zerstört wurde. „Aber dorthin zurück­zukehren kommt für mich nicht infrage.“

Dennoch hadert sie nicht mit ihrer Entscheidung. Im Gegenteil: „Ich denke, wir haben das Richtige getan. In Pokrowsk konnte ich meine Kinder nicht mehr schützen. Als wir einmal vor dem Fenster standen, sahen wir eine Rakete – dann die Explosion. Die Kinder waren wie gelähmt vor Angst. Da wusste ich: Wir müssen weg.“

In Lwiw ist das Leben anders. Trotz Luftalarmen gibt es Cafés, offene Fenster, Menschen auf den Straßen. „Hier ist das Leben nicht eingefroren“, sagt sie. Anfangs wohnte die Familie in einem überfüllten Kindergartenraum mit 20 Personen – bis sie dem JRS begegnete. „Und damit begann mein neuer Weg.“

„Ich beschreibe nur – ich klage nicht“

Im Gespräch bleibt Liuda stets gefasst, ruhig, reflektiert. Sie will nicht jammern. „Ich habe mich an das Leben gewöhnt, so wie es jetzt ist. Ich klage nicht – ich erzähle nur.“ Dann zeigt sie auf einen Nachbarraum und flüstert: „Ein zweijähriges Kind liegt im Krankenhaus. Ich weiß nicht, wie ich helfen kann.“

Und doch ist es genau das, was sie tut – helfen, durch ihr Dasein, durch ihre Geschichte. „Ich wünsche mir, dass niemand jemals so etwas durchmachen muss“, sagt sie zum Abschied. „Aber vielleicht kann ich mit meiner Geschichte jemandem Mut machen – besonders Eltern mit behinderten Kindern.“

Was Liuda trägt, ist mehr als Überlebenswille – es ist ein tiefer Glaube daran, dass das Leben weitergeht, dass Hoffnung möglich ist. Der JRS begleitet sie auf diesem Weg. In Lwiw ist für viele Geflüchtete ein Stück Heimat entstanden – nicht nur als Ort, sondern als Gefühl.

Danielle Vella, Leiterin des Internationalen Versöhnungsprogramms des JRS

Nach der Flucht: Ankommen, Fuß fassen

Selbst wenn der Krieg in der Ukraine enden sollte, können viele Geflüchtete nicht in ihre zerbombten Heimatorte zurückkehren. Nach den Nothilfe-Maßnahmen der ersten Kriegsmonate unterstützen wir unsere Partnerorganisationen in Osteuropa jetzt bei der Integration der Vetriebenen in den Aufnahmeländern. Es geht um Wohnraum, Jobs und Sprachkurse

Spenden & helfen

Ihre Spende hilft

Jetzt online spenden

MENSCHEN FÜR ANDERE

Erste Bank
IBAN:AT94 2011 1822 5344 0000
BIC:GIBAATWWXXX

Ihre Spende ist gemäß § 4a Abs 2 Z3
lit a bis c EStG steuerlich absetzbar.
ZVR Zahl 530615772 / SO 1345