– Sambia
Müll als Ressource
500 Kilogramm Plastik pro Woche werden im Recyclingprojekt von Kasisi am Rande der sambischen Hauptstadt Lusaka aufbereitet: P. Claus Recktenwald SJ über die Kunst der Wertschöpfung aus Abfall.
In der Abendhitze von Kasisi breitet sich schwerer Rauch aus, der von beißendem Gestank begleitet wird. Jemand hat sein Heim aufgeräumt und den Müll in einem Loch hinter dem Haus angezündet. Das Müllentsorgungssystem in Sambia steckt noch in seinen Kinderschuhen.
In der Hauptstadt Lusaka gibt es erste Ansätze und eine ganze Reihe von Müllsammlern, die Plastik für Recycling-Unternehmen oder für den Export nach China auflesen. Meistens aber landet der Müll auf der Straße, in der Natur oder im besten Fall noch auf den Müllhalden, die oft direkt in den Wohngebieten der armen Bevölkerung von Lusaka liegen. Auch auf dem Land fällt in den letzten Jahren immer mehr Plastikmüll an. Hier gibt es keine offizielle Entsorgung. Die Zahl dieser dezentralen Müllkippen nimmt zu und hinterlässt unschöne „Zeitkapseln“ für die kommenden Generationen. Bis das Plastik in zumindest unsichtbare Partikel zersetzt ist, dauert es um die 400 Jahre.
Die Sache selbst in die Hand nehmen
In der Kasisi Mission gibt es zwei Schulen, ein Waisenhaus, ein Bildungs- und Exerzitienhaus, das Agrar-Trainingszentrum KATC, die Kommunitäten der Schwestern und der Jesuiten sowie die privaten Haushalte der Mitarbeiter:innen. Wir wollten nicht warten, bis der Staat das Problem der Müllentsorgung löst (es ist es vor allem Plastikmüll, der die Mülllöcher zu 80% füllt), sondern haben selbst angefangen, eine Müllentsorgung aufzubauen.
Der Plastikrecycling-Workshop des vergangenen Jahres verfolgte eine doppelte Zielsetzung: den Plastikmüll aus Kasisi und den umliegenden Dörfern zu sammeln und nach Reinigung und Aufbereitung an die Recycling-Firmen in Lusaka zu verkaufen.
Eine neue Einnahmequelle
Es geht darum, ein Bewusstsein bei den Menschen zu schaffen, für die Produktion von Müll, die gerechte Entsorgung, aber auch für eine Wiederverwendung. Plastikabfall ist auch ein Rohstoff, der weiter genutzt werden und der auch zu einer Einnahmequelle werden kann. Mit diesem Hintergedanken haben wir das Plastik-Recycling Projekt gestartet. Zwei Maschinen sind dabei im Einsatz. Ein Schredder, der das Plastik zu kleinen Schnipseln schneiden kann, die dann wiederum von der Bündelmaschine in Plastikbälle gepresst werden. Dadurch kann das Plastik transportfähig gemacht werden.
Vor drei Monaten sind die ersten Versuche mit den Maschinen angelaufen, die bereits einige hundert Kilogramm Plastik aufbereitet haben. Die Routine müssen wir noch verbessern und das Team vergrößern, damit die Produktion schneller und effizienter vonstattengehen kann. Für die Bewusstseinsbildung und um das Funktionssystem zu veranschaulichen, haben wir drei kleine Maschinen gebaut, die Plastik zum Schmelzen bringen können – eine Kompressions-, eine Extrusi-ons- und eine Injektionsmaschine. Die Baupläne dafür kommen aus dem Internet.
Über den Tellerrand schauen
Wir hatten ein Projekt mit den Schülern und Waisen in Kasisi initiiert, um Plastik zu sammeln, ein Produkt aus recyceltem Plastik zu entwickeln und dann zu verkaufen. Ziele: Bewusstseinsbildung, technisches Know-How und wirtschaftliches Denken verbinden. Derzeit sind die Maschinen bei Trainingseinheiten im KATC im Einsatz, da die Schulen lange geschlossen bleiben mussten.
Vorwärts mit kleinen kreativen Schritten
Um die ersten alltagstauglichen Gegenstände herstellen zu können, sind Formen für den Plastikguss notwendig. Eine Plastikfliese ist beispielsweise leicht und kann vor Ort her- gestellt werden, ein Plastikbecher hingegen muss von einer Firma mit entsprechendem Werkzeug gemacht werden. Das Schmelzen und Gießen des Plastiks brauchen Wissen, Erfahrung und Kunstfertigkeit. Das Team muss die richtige Temperatur für die Bearbeitung finden, verschiedene Mischverhältnisse ausprobieren, und letztendlich ist es auch ein kreativer Prozess. Dafür haben wir einen jungen Mann, der im Waisenhaus von Kasisi aufgewachsen ist und seit kurzer Zeit wieder in Kasisi arbeitet – er ist Künstler.
Es ist großartig, so viele verschiedene Begabungen im Team zu haben und noch großartiger, wenn das Team wachsen kann: Frauen aus den umliegenden Dörfern sollen die Endbearbeitung und das Zusammensetzen der Teile in Heimarbeit machen, um so nebenbei das Einkommen für ihre Familien aufzubessern und die Schulgebühren für ihre Kinder zu zahlen. So würde sich ein kleiner Kreislauf schließen.
Claus Recktenwald SJ
KATC: Sambias Hoffnung ist grün
Das Kasisi Agricultural Training Centre (KATC) in der Nähe von Lusaka ist ein Zentrum der Jesuiten in Sambia zur Förderung der ökologisch-nachhaltigen Landwirtschaft durch Modellprojekte und entsprechendes Training von Bauern. Eine Recycling-Initiative verringert Müll und schafft neue Einkommensquelle