Dass ich mich in einem Land befinde, das neben ca. vier Millionen Einwohner noch um die zwei Millionen Geflüchtete beherbergt, war zuerst kaum zu bemerken. Vor allem in den Städten leben die Geflüchteten nämlich nicht in Camps oder Ghettos, sondern in den billigsten, zum Teil baufälligen Gebäuden. Man muss weder die mangelhaft ausgerüsteten ArbeiterInnen am Bau bewusst wahrnehmen, die ohne Helm arbeiten – von Sicherheitsschuhen ganz zu schweigen – noch die völlig übermüdeten KellnerInnen in manchen Restaurants. Auch wenn man sie nicht wahrnehmen muss: Sie sind da und brauchen Unterstützung.
Ein Projekt des Jesuit Refugee Service im Stadtteil „Bourj Hammoud“ (Beirut) schafft es auf unglaubliche Art und Weise, nicht wegzuschauen, sondern zu unterstützen. Ein Projekt, welches sich in verschiedenen Etappen seit 2014 ausgehend von den Bedürfnissen der Geflüchteten entwickelte, unterstützt sie in ihren verschiedenen Lebensabschnitten. So gibt es neben einem Kindergarten für über 300 Kinder eine Lern- und Hausübungsbetreuung mit Englisch- und Französischkursen für die Schulkinder. Frauen und Männer können einen Abschluss in EDV oder Englisch erwerben sowie ein Berufstraining absolvieren, um später ihr eigenes Geld zu verdienen. Zusätzlich bietet eine Sozialarbeiterin sowohl Gruppentherapie als auch Einzelsitzungen an. Ein Team von Freiwilligen macht Hausbesuche, auf denen auch „Foodbaskets“ an jene verteilt werden, die sie besonders dringend benötigen. All diese Initiativen werden von einigen Angestellten, wie etwa von der Direktorin und der Sozialarbeiterin, getragen, die vor Energie für ihr Projekt nur so strotzen und keine Mühen scheuen. Auf die Frage, wie lange sie täglich für das Projekt arbeiteten, antworten die beiden, dass sie es nicht so genau wüssten: „So lange wir eben gebraucht werden, aber maximal zwölf Stunden am Tag.“
Bei 500 Kindern und über 50 Erwachsenen, die täglich ein und aus gehen, versuchen die beiden den geflüchteten SyrerInnen zu ermöglichen, sich selbst zu helfen. Die Frucht ihres Bemühens zeigt sich in den Graduationen am Ende eines jeden Kurses. Das gibt den beiden neue Kraft, weiter zu machen, denn „trotz der Nähe zu Syrien ist es immer wieder schwierig, mit den kulturellen Unterschieden umzugehen.“