– Sambia

Neue Hoffnung nach der Regenzeit

Seit 2019 ist der deutsche Jesuit P. Claus Recktenwald SJ als Agrarökonom in Sambia tätig. Er leitet das Kasisi Agriculture Training Center (KATC), das sich für bessere Lebensbedingungen der Menschen in der Region einsetzt – insbesondere angesichts gesellschaftlicher und klimatischer Veränderungen. Dies geschieht durch praxisnahe Aus- und Weiterbildungsangebote im landwirtschaftlichen und ökologischen Bereich. In einem aktuellen Brief berichtet P. Recktenwald SJ von den jüngsten Entwicklungen am KATC.

Liebe Freundinnen und Freunde,

Der Satz des heiligen Ignatius „Ad majorem Dei gloriam“ spielt eine wichtige Rolle für uns Jesuiten. Man könnte sagen, er ist unser Motto. Meistens wird er übersetzt als: „Alles zur größeren Ehre Gottes“, mit der Bedeutung, dass alles, was wir tun, Gott gewidmet sein soll. Etwas sperriger könnte man aber auch übersetzen: „Alles zur größeren Herrlichkeit Gottes“ – ein Wort, das in den letzten Wochen immer wieder in den Lesungen aus dem Johannesevangelium vorgekommen ist. Die Jünger erkennen in Jesus den Glanz und das Licht Gottes. Besonders am Kreuz verherrlicht Jesus Gott: Nicht in Macht oder äußerem Glanz, sondern in der äußersten Dunkelheit offenbart sich das göttliche Licht. Gerade dort, wo Leid, Ohnmacht und Tod herrschen, zeigt sich die göttliche Herrlichkeit.

Doch Jesus geht noch einen Schritt weiter: Er sagt den Jüngern, dass sie Teil an der göttlichen Herrlichkeit haben. Er sagt nicht, dass sie Gott aus eigener Kraft verherrlichen können. Es ist ein Geschenk, dass das göttliche Licht in uns ist. Mit offenen Augen können wir es überall um uns entdecken – in unserem Nächsten und in der Schöpfung. Das kann unser Verständnis des Satzes „Zur größeren Ehre Gottes“ vertiefen: Nicht das eigene Tun soll dabei im Vordergrund stehen, sondern unser Tun ist ein Versuch, sich für das Licht Gottes zu öffnen – nicht mehr und nicht weniger.

Genug Mais für drei Jahre 

Während die Regenzeit 2023/24 für das ganze Land desaströs war – sowohl für die landwirtschaftliche Produktion als auch für die Energieversorgung –, hat diese Regenzeit Entspannung gebracht. Zwar lief sie schleppend an – im südlichen Sambia regnete es erst gegen Weihnachten –, dafür waren der Januar und Februar außergewöhnlich regenreich. Der Regen fiel sehr regelmäßig und meistens sanft. Manche Bauern mussten zweimal säen, weil es in manchen Gebieten nach einem frühen Start des Regens im Oktober lange nicht mehr regnete. Andere trauten sich nach dem Debakel des letzten Jahres und dem schleppenden Beginn zuerst nicht zu säen. Diejenigen, die sich nicht verunsichern ließen und beharrlich blieben, sind dieses Jahr belohnt worden. In einem Gespräch erzählte mir Headman Chikanchila aus einem Nachbardorf von Kasisi, dass er genug Mais für drei Jahre geerntet hat.

Auch die Stromversorgung ist nun wieder deutlich besser geworden. Wir haben jetzt etwa zwölf Stunden Strom pro Tag – wobei es oft nicht vorhersehbar ist, wann er kommt und wann er geht. Mit der Unter­stützung von Jesuitenweltweit konnten wir in zwei Distrikten im Süden Sambias den Menschen helfen, über die Katastrophe des letzten Jahres hinwegzukommen. Zu Beginn der Regenzeit wurden Saatgutpakete für Mais, Soja und Sonnenblumen an die bedürftigsten Fami­lien verteilt. In je fünf Schulen pro Distrikt wurden Schulspeisungen eingeführt, damit die Kinder etwas mehr zu essen hatten, bis die ersten Feldfrüchte reif wurden.

In einem zweiten Schritt werden nun sechs Brunnen gebohrt, um die Gemeinden besser auf zukünftige Trockenzeiten vorzubereiten. Zusammen mit den Wasseringenieuren des Pemba-Distrikts arbeiten wir auch an einem Plan, in der Gemeinde Kasikili (beachte den Unterschied zu Kasisi!) einen kleinen Staudamm zu bauen. Während der Trockenzeit mussten die Kühe jeden Tag sieben Kilometer zur nächsten Wasserstelle laufen. Der Stausee könnte den Dorfbewohnern und den Schülern der nahe gelegenen Schule helfen, auch in der Trockenzeit Gemüse anzubauen und sich besser zu versorgen.

Neben diesen Interventionen trainieren wir die Gemeinden auch darin, wie sie während der Regenzeit Wasser auffangen können. Dabei orientieren wir uns stark an den Methoden des „Watershed Management“. Entlang der Konturlinien im Gelände werden kleine Gräben angelegt, die den Abfluss des Wassers reduzieren und mehr Wasser im Boden versickern lassen. So wird Erosion verhindert und das Grundwasser gestärkt. Zusätzlich werden Wehre und kleine Staubecken in den Tälern gebaut, um Wasser zurück­zuhalten. Auf den Anhöhen werden Bäume gepflanzt, um den Boden zu stabilisieren, Schatten zu spenden und die Biodiversität zu erhöhen. Durch diese Maßnahmen werden die Gemeinden auf die zu erwartenden, häufigeren Extremjahre besser vorbereitet.

Lernen und Forschen in Kasisi

Dieses Jahr hat Kasisi das erste Mal seit zehn Jahren wieder einen Feldtag ausgerichtet – wir haben damit eine alte Tradition wiederbelebt. Bauern und Land­wirt­schaftsberater kamen zusammen, um die Demoparzellen zu besichtigen, zu diskutieren und gemeinsam zu lernen. Das Motto dieses Jahres lautete: „Learning from Natural Farming“.

Seit November haben wir drei indische Landwirte aus Andhra Pradesh bei uns, die Methoden der Natural-Farming-Bewegung demonstrieren. Neben speziellen Rezepturen für ihre Bioimpfmittel (sie sprechen nicht von Dünger, weil es ihnen vorrangig um die Belebung des Bodenlebens geht) haben sie besonders das Konzept der Biodiversität weiterentwickelt. Auf einem Feld werden gleichzeitig sechs Hauptfruchtarten und fünfzehn Biodiversitätspflanzen angebaut. Damit das funktioniert, braucht es ein ausgeklügeltes System zur Platzierung und Saatdichte. Die Pflanzen konkurrieren nicht miteinander, sondern profitieren voneinander: durch unterschiedliche Wurzeltiefen, Nährstoffansprüche und Symbiosen mit Bodenmikroorganismen wird die Vielfalt im Boden zusätzlich gefördert.

Die zweite Kohorte des Diplomprogramms in Agrarökologie hat mit 30 Studierenden ihren Abschluss gemacht. Die Graduierung wird im August nachgeholt. Die neuen Absolventinnen und Absolventen haben einen Alumni-Verein gegründet, um auch nach dem Abschluss in Kontakt zu bleiben. In diesem Jahr versuchen wir besonders, Studierende aus dem abgelegenen Norden Sambias zu gewinnen – eine Region, aus der bisher kaum jemand teilnehmen konnte.

Drei Absolventinnen des Programms absolvieren derzeit Praktika auf Biohöfen in Deutschland – ermöglicht durch die Schülergruppe „Friends of Kasisi“ vom Kolleg St. Blasien, die jedes Jahr auch selbst zu Besuch nach Kasisi kommt.

Im Charis-Projekt konnten wir ein neues Waschhaus für Gemüse bauen – ein wichtiger Schritt, um die Hygienestandards für den Verkauf an größere Abnehmer zu verbessern. Die Zahl der Bäuerinnen und Bauern mit eigenem Garten ist wieder auf über 30 gestiegen. Zusammen mit den Universitäten von Zambia und Malawi testen wir ein neues Modell für Schulspeisungen: mit lokal und ökologisch angebautem Gemüse. Das kommt nicht nur den Kindern zugute, sondern stärkt auch die lokale Wirtschaft und schützt die Umwelt – ein wichtiger Ansatz angesichts der Prognose, dass im Jahr 2050 jedes dritte Schulkind weltweit in Afrika lebt (etwa 800 Millionen).

Zukunft gestalten – lokal und international

Vor zwei Wochen hatten wir wieder hohen Besuch im KATC: Anlässlich eines Treffens zu „Nature-Based Solutions“ in Lusaka besuchten Vertreter aus Ministerien von 15 afrikanischen Ländern unser Zentrum, um ökologische Land­wirt­schaft in der Praxis zu erleben.

Unser neues Br. Paul Memorial Building mit Bibliothek, Bodenlabor und Klassenraum wurde zum Feldtag von Fr. Andrew – dem früheren Direktor und jetzigen Vorsitzenden des Aufsichtsrats – gesegnet. Nun stehen den Studierenden bessere Lernmöglichkeiten zur Verfügung. Als Nächstes wollen wir einen Computerraum einrichten.

Gemeinsam mit 50 Kleinbauern haben wir in dieser Regenzeit Sonnenblumen angebaut. Nach der Ernte beginnen wir jetzt mit der Ölpressung. Unsere Kooperative heißt „Tikule Pamodzi“ – das bedeutet: Lasst uns gemeinsam wachsen. Im August startet unser neues Zertifikatsprogramm in Agrarökologie, das wir gemeinsam mit Jesuit Worldwide Learning entwickelt haben. Es richtet sich besonders an Jugendliche in Flüchtlingslagern oder abgelegenen ländlichen Regionen, die sonst keinen Zugang zu Bildung hätten. Die Arrupe-Universität in Harare wird das Programm akkreditieren. Der Pilot beginnt in einem Flüchtlingslager in Malawi, in Kasisi und zwei Gemeinden in Simbabwe.


Herzlichen Dank für all die Unter­stützung, die wir erfahren – vor allem auch für die Gebete!


P. Claus Recktenwald SJ

KATC: Sambias Hoffnung ist grün

Das Kasisi Agricultural Training Centre (KATC) in der Nähe von Lusaka ist ein Zentrum der Jesuiten in Sambia zur Förderung der ökologisch-nachhaltigen Landwirtschaft durch Modellprojekte und entsprechendes Training von Bauern. Eine Recycling-Initiative verringert Müll und schafft neue Einkommensquelle

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