– Kambodscha
Das „Kanonenkugel-Erlebnis“
Der 500. Jahrestag der Bekehrung des heiligen Ignatius von Loyola fällt in eine Zeit des Umbruchs. Die Pandemie verändert 2021 das Leben in Kambodscha grundlegend. Noel Oliver SJ berichtet, wie die Jesuiten aber allen Einschränkungen zum Trotz Bildungsangebote und Landwirtschaftsprojekte am Laufen halten.
Liebe Freundinnen und Freunde,
Grüße aus Sisophon in Kambodscha!
Am 20. Mai sind wir Jesuiten zusammen mit unseren großartigen Mitarbeitern ins Ignatianische Jahr gestartet. Wir feiern den 500. Jahrestag der Bekehrung des heiligen Ignatius von Loyola nach den schweren Verletzungen an seinem Bein: sein „Kanonenkugel-Erlebnis“. Wir in Kambodscha kamen mittels Zoom zusammen, um gemeinsam zu beten und in Dankbarkeit zu teilen, was zur Gründung der Gesellschaft Jesu, des Ordens der Jesuiten, geführt hat. Wir danken allen unseren Freunden und Wohltätern, ohne die wir niemals hätten erreichen können, was wir haben.
Die Pandemie hat das Land im Griff
Die Welt steht vor einer „Kanonenkugel“-Erfahrung, verursacht durch Covid-19. Es hat Kambodscha schwer getroffen. Ich habe in meinen letzten Briefen über die gravierenden Auswirkungen auf die Wirtschaft berichtet: Das Aus für Tourismus trifft Hotels und viele kleine Unternehmen. Fabriken mussten schließen, um die Ausbreitung der Pandemie zu verhindern, obwohl es nur sehr wenige Corona-Infektionen gab. Erst Ende Februar 2021 begann das Virus sich zu verbreiten, was zu einer gewissen Panik führte. Nach etwas mehr als vier Monaten liegt die Zahl der Fälle in Kambodscha, die über ein Jahr lang nur 522 betrug, jetzt bei über 61.000 mit fast 825 Todesfällen.
Ich befinde mich seit weit mehr als einem Jahr in einer ziemlich eingeschränkten Situation und konnte nur wenige Male unsere Projekte besuchen. Die Schulen sind jetzt geschlossen. Die Lehrer kommen in die Schule und bereiten den Online-Unterricht vor. Die Schüler, vor allem diejenigen, denen die Ausrüstung und eine gute Internetverbindung fehlen, haben große Schwierigkeiten.
Hilfe zur Selbsthilfe für ländliche Schulen
An unserer Xavier Jesuit School wurden Setzlinge für die Schüler vorbereitet, um ihnen das System der Reis-Intensivierung näherzubringen. Aufgrund der Schulschließungen konnten nur einige Schüler und einige Lehrer beim Umpflanzen mitmachen. Wenn die Schüler die Kosten des Saatsguts auf den Ertrag pro Hektar umrechnen, erkennen sie die Unterschiede zu den Erträgen konventionellen Reisanbaus. Unser Programm „Schulkinder beteiligen“ musste wegen des Lockdowns große Rückschläge hinnehmen. Die Schulen können je nach Situation erst im August oder September öffnen. Das ist ein paar Monate nach Beginn der Reispflanzsaison.
Wir erreichen Schulen in entlegenen ländlichen Gebieten durch unser „Community Development Project“ und das Projekt „Fe y Alegria“ der Xavier Jesuit School, und wollen noch mehr erreichen. Hier sehen Sie die Beng Kangaok Schule, deren Renovierung wir unterstützt haben. Voraussetzung hierfür aber war die Beteiligung der Eltern und der Gemeinde. Wir haben das Baumaterial zur Verfügung gestellt, auch Lebensmittel, und die Familien kochten. Alle Arbeiter haben die eigentliche Arbeit kostenlos erledigt. Das war ihr Beitrag. Unser finanzieller Beitrag betrug nur etwa 3.900 Euro.
Teichwirtschaft und Nothilfe
In meinem Bericht zu Weihnachten 2020 hatte ich Ihnen etwas über die Teiche berichtet, die arbeitslose Jugendliche und Jugendliche und junge Erwachsene von Hand gegraben haben, wofür sie entlohnt wurden. Hier sind einige weitere Fotos von drei Teichen für drei Gemeinden. Sie haben den Aushub bis zu etwa fünf Meter gemacht, danach konnten wir einen Bagger organisieren.
Über unser Nothilfeprogramm zur Unterstützung von Betroffenen der Flutkatastrophe haben wir Selbsthilfegruppen organisiert und so 256 Bauernfamilien in vier Provinzen erreicht, durch die Ausgabe von Saatgut, Naturdünger und Hühnern; die Gesamtkosten belaufen sich auf 25.800 Euro. Dies war nur möglich durch die großzügige Unterstützung der Jesuitenmissionen in Deutschland, Schweiz, Österreich und Australien sowie unserer Freunde in Singapur und anderen Ländern. Die Gemeinden danken Ihnen von ganzem Herzen!
Letztes Jahr im Juni hatte ich berichtet, dass wir 250 Bauern haben, die das System der Reisintensivierung auf einigen ihrer Felder anwenden werden. In diesem Jahr haben sich 166 neue Landwirte angeschlossen. Die Gesamtfläche ihrer Farmen, die für SRI genutzt wird, beträgt etwa 124 Hektar.
Kooperation mit der GIZ
Eine ganz besondere Neuigkeit: Ende März dieses Jahres nahm seine Exzellenz, der deutsche Botschafter Herr Christian Berger, Kontakt mit mir auf. Er erfuhr von mir und meiner Arbeit in Kambodscha durch seinen Kontakt mit unserem Unterstützer, Pfarrer Franz Pitzal aus Renningen. Ich hatte Pfarrer Pitzal 2004 auf dem Katholikentag in Ulm kennengelernt. Seitdem unterstützt er unsere Projekte in Kambodscha und anderswo. Der Botschafter war sehr interessiert und hat sogar den Wunsch geäußert, einige davon zu besuchen. Er sieht die großen Notwendigkeit für Kambodscha, die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern und zu exportieren. Er sieht auch die großen Bedürfnisse der Menschen in Kambodscha, die durch die Pandemie mit so vielen Schwierigkeiten konfrontiert sind. Er vermittelte uns freundlicherweise den Kontakt zur GIZ (Gesellschaft für Internationale Entwicklung), die Büros in Kambodscha hat. Wir sind nun in Korrespondenz mit ihnen und arbeiten derzeit an gemeinsamen Projekten: Cash-for-Work-Projekte und ein Projekt zur Förderung des privaten Gemüseanbaus.
Am Samstag, den 10. Juli, wurde hier in Sisophon das Impfprogramm gestartet. Es gab vier Standorte und wir wurden auf einer Militärbasis mit dem „Sinopharm“-Vakzin geimpft. Die nächste Impfung wird am 25. Juli sein. Alles lief gut. Es war wirklich sehr gut organisiert.
Jetzt bereiten wir uns auf das Fest des heiligen Ignatius, unseres Ordensgründers, am 31. Juli vor. Einen Tag vorher, am 30. Juli, werde ich mein 61-jähriges Jubiläum als Jesuit feiern. Ich danke Ihnen allen für Ihre wunderbare Unterstützung, die mir in allen Projekten, an denen ich beteiligt war, geholfen hat.
In Dankbarkeit bin ich Ihr
Br. Noel Oliver SJ
Kambodscha: Samen des Wandels
Kambodscha ist eines der ärmsten Länder Südostasiens, das auch nach drei Jahrzehnten des Friedens weiter unter den Folgen von Bürgerkrieg, Diktatur und Besatzung leidet. Neben sozialen Projekten fördern wir lokale Gemeinschaften im Einsatz für nachhaltige Landwirtschaft und den Schutz der Ökosysteme.