Ein autokratisches Regime, Unterernährung und Hunger, fehlende medizinische Versorgung, Wasserknappheit und Stromsperren. P. Klaus Väthröder SJ spricht in einem Vortrag über die aktuelle Krise in Venezuela. Er ist mit der Situation im Land vertraut. Zuletzt war er 2018 dort. Insgesamt lebte er 12 Jahre in Venezuela.
Er kennt die Geschichte, die Mentalität und die wirtschaftlichen Aspekte des Landes gut. Das hat interessierte Österreicher, aber vor allem in Österreich lebende Venezolaner angelockt, die seine Meinung dazu hören wollten. Im Vorfeld des Votrags hatten die Gäste bereits die Möglichkeit sich im Venezuela Artikel der jesuiten weltweit Ausgabe ein Bild über P. Väthröders Eindrücke zu machen.
Um die Krise zu verstehen, geht P.Väthröder in seiner Präsentation in der Geschichte weit zurück, um schließlich bei der aktuellen Krise zu landen, die mit all den angeführten Aspekten zusammenhängt. Von Vespucci über die Schlacht von Carabobo 1821 zu den Führern des 20. Jahrhunderts (Juan Vicente Gomez, Romulo Gallegos und Marcos Perez Jimenez, Hugo Chavez) bis zu den bedeutendsten Ereignissen. P. Väthröder nimmt die Geschichte in den Blick:
- Das Abkommen von Portofino, ein Pakt zwischen venezolanischen Parteien, der 1958 unterzeichnet wurde, um allen Parteien gemäß ihrem Wahlerfolg Anteil an der Regierung der Gewinnerpartei einzuräumen,
- Caracazo, die mehrtägigen Volksaufstände im Februar 1989 in der venezolanischen Hauptstadt Caracas und anderen Städten,
- die enorme Verschuldung der 1980er Jahre und die Abwertung des Bolívars und
- das Referundum zur Boliviarianischen Verfassung 1999.
Vor allem Hugo Chavez war mit der Wahl zum Präsidenten 1998, der Bestätigung im Amt 2000 und der Wiederwahl 2006 mit fast 60% bis zu seinem Tod 2013 nicht nur viele Jahre im Amt, sondern auch eine sehr prägende Figur für das Land. Positiv oder negativ. Die Meinungen gehen auseinander.
Sinkende Ölpreise, veraltete staatliche Erdölanlagen, Hyperinflation, Versorgungsengpässe und Hungersnöte seit dem Jahr 2013 in Kombination mit dem vorhandenen Glauben des venezolanischen Volkes, dass genügend Geld vorhanden ist, das nur besser verteilt werden muss, führten letztendlich in die jetzige Krise.
Aber die Frage, die die Anwesenden beschäftigt, ist die der Zukunft. „Wie geht es weiter?“ wollen sie wissen und „wie steht die katholische Kirche dazu?“. Denn die Situation ist für keine Partei tragbar. Millionen Flüchtlinge, Blackouts, fehlende medizinische Versorgung. Klar ist, dass ein Systemwechsel notwendigs ist mit einem „System, das dem Wohl des Volkes dient“, sagte der Generalobere des Jesuitenorden und vor allem einen Dialog zwischen allen Beteiligten, um den man nur schwer herum kommen wird, wenn es um das Wohl des Volkes gehen soll. Und selbst dann wird es dauern, bis Venezuela wieder auf stabilen Beinen steht.
Um das Leben der Menschen in Venezuela ein wenig zu erleichtern, helfen zwei Projekte der Jesuiten:
Fe y Alegría (FyA)
Das Schulwerk FyA sorgt dafür, dass LehrerInnen im Land bleiben, SchülerInnen warme Mahlzeiten erhalten und Kranke lebenswichtige Medikamente bekommen. Ausgebildete LehrerInnen gehen oft ins Ausland und Nachfolger sind schwer zu finden. Ein weiteres Problem ist die Unterernährung der Schüler. Viele haben Untergewicht. An 57 Schulen hat Fe y Alegría inzwischen eine kostenlose warme Mahlzeit für die Schüler eingeführt, finanziert durch Spenden.
Der Flüchtlingsdienst der Jesuiten (JRS)
An den Grenzen zu Brasilien und Kolumbien steht der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) den Familien bei, die aus Venezuela geflohen und ohne Auskommen im Niemandsland gestrandet sind.
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Für jene, die sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen möchten, hat P.Väthröder SJ zwei Literaturtipps hinterlassen:
- Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Venezuela – Stefan Peters
- Nacht in Caracas – Karina Sainz Borgo